Was bringt “nachhaltig leben” wirklich? Lässt sich der Klimawandel durch einen bewussteren Lebensstil tatsächlich abwenden oder beruhigen wir damit nur unser Gewissen?
Einer allein kann nichts verändern – sagte sich die halbe Menschheit. Dieser Spruch steht auf einer Taschentücherpackung (die Taschentücher sowie die Box selbstverständlich aus recycltem Altpapier) im Badezimmer meiner Mama. Und jedes Mal, wenn ich ihn lese, denke ich mir: Ist doch wahr. Würde jeder weniger Fleisch essen, weniger shoppen, weniger Produkte mit Plastikverpackung kaufen, dann hätten wir jetzt nicht mit der unangenehmen Wahrheit des Klimawandels zu kämpfen. Nun sind wir mitten drin in der globalen Erwärmung. Die ist so gar nicht nett und sonnig, sondern auch verantwortlich für sintflutartige Regenfälle, Überschwemmungen und Dürren, die Seen in Wüsten verwandeln. Und trotzdem steht neben mir ein Mädl im Cafe, das sich ihren Coffee-to-Go im Wegwerfbecher holt, gibt’s bei jedem Smoothie ungefragt einen Strohhalm dazu und wird weiterhin geshoppt, geflogen, die Kartoffeln in der Plastikverpackung gekauft. Unverschämt, unzumutbar ignorant, dieses Benehmen, stimmts?
Die welt retten, kaffeebecher für kaffeebecher
Oder … Oder gibt es vielleicht noch einen zweiten Blickwinkel? Ist der Klimawandel nicht ohnehin schon so weit fortgeschritten, dass es bei Gott keinen Unterschied mehr macht, ob ich mir jetzt dieses dritte weiße Shirt kaufe oder nicht? Die Tage der Weltkarte, wie wir sie kennen, sind ja sowieso gezählt. Seitenweise Blogposts, Tipps, Ideen für einen nachhaltigeren Lebensstil überfluten jeden, der mal eben „Klimawandel aufhalten“ googelt. Weniger Plastikmüll kreieren, Wasser sparen, keine Lebensmittel wegwerfen, Fleischkonsum reduzieren. Fakt ist aber: Für globales Erkalten sorgen wir damit nicht (mehr). Dieses Flugzeug ist schon lange abgeflogen (pun intended). Eine Erderwärmung um durchschnittliche 1,5 Grad ist quasi schon garantiert, und wir steuern mit Volldampf auf +2 Grad zu.
Fakt ist: Für globales Erkalten sorgen wir damit nicht mehr. Dieses Flugzeug ist schon lange abgeflogen.
Was jetzt nötig ist, und zwar ja, jetzt sofort und besser schon gestern, sind Regierungen, die agieren. Die radikal gegen das Schindluder vorgehen, das Öl- und Gaskonzerne mit unserem Planeten treiben. Die die großen Konzerne mit einer Mischung aus finanziellen Anreizen und drastischen Sanktionen in die richtige Richtung zwingen – am besten prozentuell zum Gewinn, den diese Konzerne jeden Tag auf Kosten unserer Welt machen. Wir brauchen Regierungen, die großzügige Subventionen an jene Unternehmen verteilen, die sich für erneuerbare Energien stark machen oder am Aufbau der diesbezüglichen Infrastruktur beteiligen. Denn money makes the world go round. Ohne finanzielles Zuckerl an das Gute im CEO von Shell zu appellieren und den Scheichs der Saudiarabischen Ölgesellschaft zu sagen, dass die Zukunft ihrer Söhne am Spiel steht, ist in etwa so wirkungsvoll wie die Farmer in Texas zu bitten, von jetzt an nur noch Tofu aus dem Bioladen zu essen.
Ohne finanzielle Anreize an das Gute im CEO von Shell zu appellieren und den Scheichs der Saudiarabischen Ölgesellschaft zu sagen, dass die Zukunft ihrer Söhne am Spiel steht, ist in etwa so wirkungsvoll wie die Farmer in Texas zu bitten, von jetzt an nur noch Tofu aus dem Bioladen zu essen.
Schuld sind aber schon wir am klimawandel, oder?
Natürlich, wir alle, jeder einzelne von uns und unsere Eltern und deren Eltern. Wir haben mit unserem Verhalten, unserem Konsum dazu beigetragen, dass es überhaupt erst dazu gekommen ist. Dass plötzlich mehr CO2 durch unsere Atmosphäre schwirrt als unsere Erde ausgleichen kann. Und ja, wir als Konsumenten bestimmen, was im Supermarkt, im Shoppingcenter angeboten wird. Manchmal.
Unser Konsumverhalten wird durch Lebensstil, finanzielle Ressourcen, Prägung, soziales Netzwerk, gesellschaftliche Normen und Informationsstand geformt.
Wir alle neigen dazu, unseren eigenen Einfluss auf das Angebot zu überschätzen. Und unsere Entscheidungsfreiheit ebenfalls. Marketingagenturen flüstern uns ins Ohr, was wir zu wollen haben, Supermarktsortimente limitieren Kaufoptionen und unser Konsumverhalten wird durch Lebensstil, finanzielle Ressourcen, Prägung, soziales Netzwerk, gesellschaftliche Normen, Informationsstand und so weiter geformt. Soll heißen: Ich kann die Welt noch so sehr nicht zerstören wollen. Aber wenn
a) niemand darüber spricht, dass zu viel Landwirtschaft nicht gut für den Planeten ist
b) Werbebilder von glücklichen Kühen mich bis in den Schlaf verfolgen
c) Tofu genau in einem Superökomarkt am anderen Ende der Stadt im Regal liegt
d) Rindsgulasch und faschierte Laibchen (= österreichisch für Buletten) das Belohnungs-Essen aus Kindertagen sind
dann werde ich vermutlich auch weiterhin zum Supermarktfleisch greifen, bis mich auf mindestens drei Ebenen jemand vom Gegenteil überzeugt. (Hypothetisch-Ich natürlich; Real-Ich konnte Fleisch noch nie schmecken)
Wir sind der Vorwand
Viel, viel mächtiger als das Kaufverhalten einzelner sind internationale Konzerne, die geführt werden mit dem Ziel, Gewinn zu machen. Die uns in den Mund legen und ins Hirn setzen, was wir haben wollen. Diese Firmenkonzerne nutzen uns als Argument, als Vorwand für verschwenderische, umweltzerstörerische Produktions-, Transport- und Verkaufsmethoden. Wir können uns nur bis zu einem gewissen Grad über das hinwegsetzen, was uns vor die Nase gesetzt, was uns vorgeführt wird. Und wir neigen dazu, Dinge erst dann zu hinterfragen, wenn es schon zu spät ist.
Wir können uns nur bis zu einem gewissen Grad über das hinwegsetzen, was uns vor die Nase gesetzt wird.
Aber auch, wenn wir alle heute, am 13. 01. 2020, entscheiden würden, dass wir unser Handeln künftig überdenken und unser tägliches Leben ein Stück nachhaltiger gestalten werden: Bis diese Veränderungen tatsächlich auf die Produktionsmechanismen großer Konzerne reflektieren und für den Planeten einen Unterschied machen, dauert es. 30, 50, 100 Jahre, die wir einfach nicht mehr haben.
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die Firmen, die die WElt zerstören ...
Große, multinationalen Firmenkomplexe aus Sektoren wie Energie, Mode, Transport vergiften unseren Planeten mit Fabriken, mit der Öl- und Gasgewinnung, mit globalem Warentransport, und sie bringen ihre Blutgüter mit bunt-fröhlichen Werbebotschaften, prominenten Ambassadors und der Monopolisierung ganzer Industriesektoren auf den Markt. Nur 100 Firmen sind verantwortlich für 71% aller globalen Abgase seit 1988. Und wiederum nur 25 davon (darunter übrigens auch verstaatlichte Unternehmen), haben mehr als die Hälfte dieser 71 % verursacht. Dazu zählen zum Beispiel ExxonMobil, Shell, BP und die Saudiarabische Ölgesellschaft.
aller abgase werden von nur 100 Firmen verursacht
Und warum hat ihnen bisher niemand gesagt, dass sie das bitte nicht tun sollen? Weil Geld. Wenn Konzerne reicher sind als ganze Staaten, klopft man ihnen ungerne auf die Finger. Zwei Drittel der 100 reichsten Instanzen der Welt sind Unternehmen. Viel einfacher ist es, jeden einzelnen Bürger aufzufordern, selbst aktiv zu werden.
Zwei Drittel der 100 reichsten Instanzen der Welt sind Unternehmen, nicht Nationen.
Erst wenn die Regierungen der Nationen unserer Erde geschlossen gegen diese Superkonzerne vorgehen, sie zur Verantwortung zu ziehen, mit mehr Peitsche als Zuckerbrot auffordern, den angerichteten Schaden zu reparieren, haben wir wirklich eine Chance. Bis zu einem gewissen Grad müssen wir darauf vertrauen, dass unsere Regierungen ihre moralische Verpflichtung, nämlich uns Bürger zu schützen, ernst nehmen und entsprechend handeln.
Und jetzt doch wieder wir: Becher für Becher
Und dann sind wir gefragt. Ich. Du. Deine Nachbarin. Und ja, auch die Bauern aus Texas, die den Wandel zur nachhaltigeren Agrikultur mit staatlicher Unterstützung meistern werden, meistern müssen. Es wird an uns sein, die Möglichkeiten, die uns die Staatsführer zur Rettung unseres Planeten vor die Nase setzen, wahrzunehmen. Bewusst zu handeln und nachhaltiges Denken in unseren Alltag zu integrieren. Jede kleine Handlung wird zählen, um den Planeten zu erhalten und nach bestem Wissen zu schützen, um eine Wiederholung des Klimawandels zu vermeiden. Denn einer allein kann zwar nichts verändern, aber wenn die halbe Menschheit auf Einwegbecher, Plastiksackerl und Fleisch verzichtet, dann, ja dann haben wir vielleicht doch noch eine Chance.
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